China 2 - Xinjiang 2 - Sand, Wind, Autobahnen

 

Mitten in der Nacht überraschte uns ein Sturm und die Umstände zwingen uns das Zelt abzubauen. Wie wir hierhingekommen sind, könnt ihr hier nachlesen. Alles was wir nicht festhalten wird sofort weggepustet. Die schweren Sachen rollen einfach in Windrichtung weg, wenn sie schwer genug sind. Die leichten fliegen einfach fort. Also alles im Zelt einpacken. Das Zelt wird zur spannendsten Aufgabe. Es bläht sofort wie ein Segel. Für die Aufgabe hätten wir eigentlich 12 Arme gebraucht. Irgendwie gelingt es uns dennoch mit 4 Armen alles zusammenzupacken. Und nun? Im „Windschatten“ eines nahen Pumpenhäuschens legen wir uns in den „Windschatten“. Jede Böe wirft neuen Sand auf uns. An Schlaf ist nicht zu denken.

 

 

Irgendwann müssen wir doch eingeschlafen sein, denn als wir wieder aufwachen dämmert uns nur langsam, wo wir sind – und warum. Der Wind hat leider nicht nachgelassen, immerhin finden wir unsere nachts weggepusteten Packsäcke wieder. Wir versuchen loszuradeln – die Seitenwindböen machen mit uns was sie wollen. Die vorbeirasenden LKWs geben uns den Rest. Jeder erzeugt einen heftigen Sog gefolgt von einer umso stärkeren Windböe. Wir bremsen jedes Mal um nicht auf der Fahrbahn oder im Straßengraben zu landen, zum Ausruhen schieben wir streckenweise. Schnell wird uns klar: Auf diese Weise brauchen wir die 25km bis Turpan den ganzen Tag und unsere ganze Kraft. So beschließen wir zu trampen – wir hatten gelesen, dies sei in China aussichtslos, und dann noch mit voll bepackten Reiserädern… Doch wir haben Glück, es sind einige Pickups unterwegs und schon der zweite hält an und nimmt uns mit.

Gleich der nächste Schreck: Nach ca. 10 km erwartet uns ein Polizeicheckpoint. Üblicherweise verbringen wir hier deutlich mehr Zeit als die Einheimischen. Wir schnappen uns unsere Pässe, steigen aus und passieren den leicht verdutzten Kontrolleur in Rekordzeit – genauso schnell wie alle anderen. Puh!

 

 

Der Wind wackelt während der Fahrt ordentlich am Auto und als wir in Turpan 30min später aussteigen weht nicht ein Windchen. Die Leute spazieren entspannt dahin, während wir uns erst mal den Staub von der Kleidung klopfen, aus den Haaren schütteln, aus den Schuhen kippen……….Die warme Sonne heizt unsere Laune enorm ein. Was für ein Kontrast. Das Hostel ist exakt auf unsere Bedürfnisse abgestimmt und Turpan wartet mit jeder Menge Sehenswürdigkeiten auf. Die Oasenstadt ist im ganzen Land für den wasserintensiven Weinanbau bekannt. Mitten in der niederschlagsfreien Wüste? Es wurde eines der größten Kanalsysteme der Welt geschaffen, das „Karez“. Mehrere tausend Kilometer Kanäle führen Wasser zu den Feldern. Viele davon laufen unterirdisch. Wir schauen uns alles im extra geschaffenen Museum an.

 


 

Aber auch die Natur hat einiges sehenswertes geschaffen, wie zum Beispiel die 1000 Buddha Grotten oder die Flammenden Berge. Eins wird schnell klar. Die Chinesen können Tourismus. Die Abläufe sind effizient auch für große Menschenmassen, zudem kann man überall Geld ausgeben für Schnickschack und Schnackschnick. Als wir Turpan verlassen kommen wir an einem riesigen Thermometer vorbei. Es markiert den angeblich wärmsten Punkt Chinas. Scharen von Reisebusse halten, um die staunenden Touristen rauszulassen. Das Erlebnis aus einem klimatisierten Reisebus zu steigen, um die Hitze der Wüste zu spüren ist mit Sicherheit beeindruckender, als wenn man den ganzen Tag darin radelt. Den Eintritt wollen wir zudem ebenso sparen. Ein Chinese, welcher gerade das zahlpflichtige Areal verlässt, gibt uns Recht. Seinen Gesten entnehmen wir: Richtig so fahrt ruhig weiter, dass hier ist der letzte Scheiß.

 

 

Also auf in die Wüste Gobi. Die Gedanken springen immer wieder in die Vergangenheit zurück. Wie haben die Karawanen früher die Riesendistanzen ohne Oasen absolviert. Wir kämpfen jedenfalls mit den harten Bedingungen. Dabei haben wir schon eine perfekt ausgebaute Straße, jede Meng Schilder die uns die Richtung weisen und wenn es mal nicht läuft problemlos die Möglichkeit auf einen LKW umzusteigen.

 

 

Am Horizont tauchen Windkrafträder auf. Sehr viele Windkrafträder. Die Genialität hier in dieser Gegend den größten chinesischen Windpark zu errichten drängt sich uns förmlich auf. Der Grund: hier gibt es jeden Tag zuverlässigen Sturm. Die Böen wedeln uns von links nach rechts. Wir versuchen so gut es geht weder im Straßengraben zu landen noch vor einem der vielen LKWs zu landen. Zeitig am Tag beschließen wir uns einen Zeltplatz zu suchen. An Zeltaufbau ist nicht denken. Wir stapeln unsere gesamten Packtaschen zu einer Art Winddamm auf, im Windschatten einer Brücke. Der Wind liefert zuverlässig Staub und Sand. Alles landet genauso zuverlässig über uns. Wir verkriechen uns tief in die Schlafsäcke. Das trommeln des Sandes auf den Schlafsäcken klingt wie prasselnde Regentropfen, was vor allem daran lag, dass es angefangen zu regnen hat. Eigentlich regnet es hier nie. Aber Ausnahmen bestätigen schließlich die Regeln, schade dass es gerade dann ist wenn wir kein Zelt aufbauen können.

 

 

Neuer Tag neues Glück. Die warme Sonne trocknet alles im Handumdrehen. Wir beschließen möglichst jede Sekunde ohne Wind und die seltenen Rückenwind zu nutzen. Die Straßen laufen schnurgrade durch die eintönige Landschaft. Wir befinden uns auf dem Highway G30. Eine lohnenswerte andere Variante gibt es für den Abschnitt für die nächsten ca. 1000km nicht Rechts Stacheldraht. Links Leitplanke. Dazwischen jede Menge LKW`s, PKW`s und zwei Radler.

 

 

Wir hangeln uns von Autobahnraststätte zu Raststätte. Die Distanzen schwanken zwischen 50 und 100km. Somit haben wir immer die Möglichkeit Wasser und Essen aufzufüllen. Die Polizeikontrollen sind so gut wie verschwunden. Es gibt eigentlich auch nichts zu kontrollieren. Unser nächstes Ziel ist die Stadt Hami, hier gönnen wir uns 2 Tage Hotel, was natürlich nicht ohne Polizeiregistrierung geht.

 


 

Dennoch genießen wir den chinesischen Alltag mit jeder Menge Trubel, Märkten, das leckere Essen und jeder Menge Kultur. Von hier aus sind es nur noch 200km, bis wir die Provinz Xinjiang verlassen. Die zählen wir auch runter, denn wir freuen uns bereits auf ein China ohne Überwachungswahn und Polizeiinflation. Nach ca. 1800km in Xinjang passieren wir den letzten Checkpoint.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Silke (Mittwoch, 12 Dezember 2018 22:22)

    Ich hab den stürmischen Reiseabschnitt bei Kerzenschein gemütlich im Sessel genossen. Sehr schön geschrieben.

  • #2

    Sebastian S. (Freitag, 14 Dezember 2018 21:54)

    Hallo ihr 2 und viele Grüße aus Friedersdorf!
    Danke für den schönen Bericht. Das letzte Highlight hier war der kleine Weihnachtsmarkt �
    Kommt weiterhin gut voran. Das nächste Abenteuer scheint gewiss zu sein ...