Tadschikistan 1 – Bergige Perle mit Schlaglochgarantie

 

Die Grenze zwischen Usbekistan und Tadschikistan ist unkompliziert, die Formalien sind schnell erledigt. Wir tauschen noch schnell das letzte Geld von Som zu Somoni. Es ist Liebe auf den ersten Blick: es empfangen uns Superstraßen, Superwetter, sowie ein Superbergpanorama. Wir radeln auf riesige, schneebedeckte Bergketten zu.

 

 

Tadschikistan zählt heute knapp 9 Millionen Einwohner und gehört zu den ärmsten Ländern der Welt.Es ist eine der wenigen Postsowjetischen Republiken ohne natürliche Ressourcen und Zugang zum Meer. Nachdem Zusammenbruch der Sowjetunion überzog ein blutiger Bürgerkrieg das Land. Die Verhältnisse gelten mittlerweile als sehr stabil. Das Land wird von strenger Hand geführt. Der Präsident umgibt sich mit einem Personenkult und hängt im gesamten Land auf gephotoshopten Plakaten. Bis vor einiger Zeit waren so gut wie alle sozialen Netzwerke blockiert, ebenso gibt es so gut wie keine freie Presse.

 

 

Ein Jugendlicher, der uns beim Simkartenkauf half erzählte uns, irgendwann hat der Präsident bemerkt, dass es für ihn viel günstiger ist wenn die Leute vor Facebook und co hocken, als sich darüber aufzuregen, dass alles blockiert ist. Wir werten es als Zeichen, dass sich das Land langsam öffnet. Ebenso gegenüber dem internationalen Tourismus. So gibt es ein relativ neues e-Visa. Beantragen, Bezahlen, ausdrucken und fertsch. Was an der Grenze problemlos zum Eintritt legitimiert ist in anderen Branchen völlig unbekannt. Zum Beispiel beim Simkartenkauf. Hierbei müssen wir unser Visum vorzeigen, also legen wir unseren mittlerweile an der Grenze abgestempelten Ausdruck vor. Die Verkäuferin blickt stumm auf das Blatt. Richtet den Blick wieder auf uns und sagt, sie wolle ein richtiges Visum sehen. Wir erklären der gut englisch sprechenden Dame, dass dies ein e Visum ist worauf diese erwidert, dass sie sowas noch nie gesehen hat, dass von ihrem Unternehmen nicht akzeptiert wird und uns noch einen schönen Tag wünscht.

 

 

Es gibt schließlich zwei große Mobilfunkanbieter im Land, also auf zum zweiten. Leider spricht die Dame so gut wie kein Englisch. In Kombination mit den so gut wie kein russisch Kenntnissen von Christian erarbeiten wir so langsam gemeinsam, dass wir gerne eine Simkarte im Simkartenshop kaufen wollen. Die Dame verlangt daraufhin unsere Pässe und nimmt völlig überrascht zur Kenntnis, dass wir keine Tadschiken sind. Was uns anfangs noch zum schmunzeln bringt lässt uns dann doch verstummen, denn es gibt hier nur Karten nur Tadschiken. Da es keinen dritten Anbieter gibt bleiben wir hartnäckig und es kommt doch noch zum Geschäftsabschluss, denn die Dame kauft sich unsere Sim selbst. Das fanden wir hochsympathisch. Genau wie die Strecke welche nun auf uns wartete. Erstes Ziel ist die Hauptstadt Duschanbe. Hier müssen wir ein Permit für unseren nächsten Streckenabschnitt beantragen, welcher mitten im Pamirgebirge liegt. Um uns schonmal ein bisschen für die kommenden Aufgaben warm zu machen geht es erstmal auf einen 2700m hohen Pass. Die Straßen folgen fast ausschließlich den Flusstälern.

 

 

Die Landschaft ist atemberaubend schön. Die Fahrkünste der Einheimischen sind atemberaubend beängstigend. So passieren wir viele Grabsteine auf den immer schmaler werdenden Straßen zum Gipfel hin. Vielen Trucks geht auf dem Weg nach oben die Puste aus, oder die Luft aus den Reifen oder das Benzin aus und wir passieren ständig liegengebliebene Fahrzeuge. Die fahrenden sind kaum schneller als wir. Den Weg nach oben verteilen wir auf zwei Tage.

 

 

Oben angekommen erwartet uns eine Überraschung in Form eines 5km langen Tunnels. Da heißt es Licht an, Augen auf und durch. Nach 2km verabschiedet sich die Tunnelbeleuchtung und wir kriegen Puls. Als dann noch sich überholender Gegenverkehr durch hupen bemerkbar macht, machen wir uns ganz dünn. Irgendwann sind wir durch und ein atemberaubendes Panorama eröffnet sich uns. Genau wie eine ca. 50km Abfahrt in Hauptstadt Duschanbe, welche knapp 1700hm unter uns liegt. Das macht Spaß.

 

 

Die Hauptstadt ist schon von weitem an ihrem Wahrzeichen zu erkennen. An der Stelle die Preisfrage. Was sollte man sich als Land in wirtschaftlicher Notlage sowie in Abhängigkeit zu internationalen Geldgebern auf jeden Fall leisten können? Richtig, den höchsten Flaggenmast der Welt. Funfact am Rande: 2001 eröffneten die Vereinigten Arabische Emirate mit einem 123m hohen Fahnenmast einen skurrilen Wettkampf um die längste Stange. 2003 konterte Jordanien. Seitdem gibt es mehr oder weniger in irgendeinem erdölreichen Land alle zwei Jahre einen neuen höchsten Fahnenmast. Somit dürfte der Rekord nicht lange halten. Dennoch steht ein Gewinner fest die Firma Trident Support. Sie liefert für zweistellige Millionenbeträge alles, was das Präsidentenherz höher schlagen lässt. Mal sehen, wenn die Vereinigten Staaten ihren Ring in den Hut werfen.

 

 

Weit ab vom Mast, beziehen wir unser Hostel zusammen mit einer Gruppe polnischer Radler und haben einen tollen Abend. Leider trennen sich unsere Wege durch verschiedene Ziele, dafür treffen wir den niederländischen Radler Armin wieder, welchen wir zum drittenmal auf unserer Reise treffen. Zusammen wollen wir den Pamirhighway beradeln. Eine Straße der absoluten Superlative, voller Geschichte, spannender Gegenwart und höchsten Anforderungen an die Radler was Kondition, Material und Streckenplanung betrifft.. Wie es uns dort ergeht erfahrt ihr im nächsten Teil.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Bodo (Freitag, 27 Juli 2018 19:03)

    Ich habe nach längerer Zeit wieder mal hier rein geschaut. Schön zu lesen, dass es euch gut geht. Deutschland ächzt seit Wochen unter der Hitze (35 Grad und mehr) und seit 3 Monaten kein Regen. Ich wünsche euch weiter gute Fahrt, wenig Pannen und bleibt gesund! Beste Grüße Bodo