Tadschikistan 2 – Platt, Platter, Platten

 

Der erste Teil der M41 verbindet Duschanbe mit Khorog. Im Prinzip stehen zwei Routen für diesen Weg zur Verfügung: In Travellerkreisen als die Nordroute und die Südroute bekannt. Oft ist eine der beiden gesperrt, weil ein Erdrutsch die Straße unpassierbar macht. Auf dem Weg nach Dushanbe treffen wir Amerikanische Botschaftsmitarbeiter, die von Erdrutschen an der Südroute zu berichten wissen. Als wir in Duschanbe ankommen gibt es Informationen darüber, dass die Nordroute blockiert sei. Gesicherte aktuelle Informationen gibt es jedoch nicht. Uns brennt ein bisschen die Zeit unter den Nägeln, da wir zu einem festen Termin in Osch sein müssen. Wir haben einen dreiwöchigen Aufenthalt in Deutschland geplant, um unsere Familien zu besuchen sowie das China Visum zu beantragen. Somit müssen wir pünktlich am Flughafen sein, denn es ist bereits alles gebucht. Deshalb entscheiden wir uns für die landschaftlich schönere, kürzere Nordroute. Diese besticht zusätzlich durch geringere Höhenmeter. Auf der Strecke nach Khorog passiert man jede Menge Dörfer mit genügend Einkaufsmöglichkeiten, so dass wir uns noch nicht die Taschen mit Lebensmittel vollstopfen müssen.

 

 

Wir holen Armin von seinem Hostel ab und starten gemeinsam. Die gute Straße, welche uns aus Duschanbe herausführt, hält uns nochmal kurz vor Augen, was wir die nächsten 1200km nicht mehr sehen werden: Asphalt. Dafür genießen wir Geröllpisten, Sandwege, Wellblechpisten sowie Schotter in allen nur vorstellbaren Varianten. Leider haben wir nicht herausgefunden ob die Tadschiken genauso viel unterschiedliche Wörter für Schotter haben, wie die Inuit für den Schnee.

 

 

Somit wird jetzt nicht nur das Bergauffahren Quälerei sondern vielmehr das Bergabfahren. Unsere Schultern brennen nach 2 Tagen vor Schmerzen. Dies wirkt sich vor allem auf unsere Reisegeschwindigkeit aus. Nach 2 Tagen trennen wir uns von Armin, da er mit den Bedingungen noch schlechter klar kommt als wir. Zollt man dem kein Tribut, so wird es gesundheitlich riskant. Die empfangene Gegenleistung ist jedoch purer Genuss: atemberaubende Bergpanoramen enge Schluchten, wilde Bergbäche, Dorfidylle, Abgeschiedenheit kurz gesagt, alles was wir lieben. So trotzen wir den harten Bedingungen und genießen diese einzigartige Kulisse. Die Kraft der Natur ist hier überall zu spüren.

 

 

Einmal mehr als wir einen Landsmann dabei helfen müssen sein Motorrad aus einem Fluss zu ziehen, welchen er überqueren möchte. Einen Tag später treffen wir den Pechvogel wieder als ihm ein Erdrutsch den Weg versperrt. Wir können glücklicherweise unsere Räder drüber tragen.

 


 

Einen Tag später erreichen wir den Pass auf 3252 m. Bisher Rekord für uns, auch wenn uns klar ist, dass dieser nicht lange halten wird. Es tauchen Schneereste sowie Minenwarnschilder auf. Es hält uns nichts auf dem Berg, also geht es gleich wieder runter. Serpentine um Serpentine geht es auf die Afghanische Grenze zu. Vorher werden wir allerdings noch von Hirten zum Tee eingeladen. Wenn wir Dörfer passieren springen ganze Herrscharen von Kindern euphorisch vor unsere Räder und wollen uns begrüßen. Diese Situationen sind nicht ganz ungefährlich, da die Kiddies unseren Speed oft nicht einschätzen können und unsern rollenden Rädern gefährlich nahe kommen.

 

 

Eine gelungene Überraschung erreicht uns hinter Kalai Khumb. Wir treffen auf vier Radler in entgegengesetzter Richtung. Im Gespräch stellt sich nach einer Weile heraus, dass es sich um Hallenser handelt. Die Freude ist groß und das Gespräch findet kaum ein Ende. Wir dursten förmlich nach News aus der Stadt, in der wir gestartet sind.

Ebenso überraschend und erfreulich ist die nächste zufällige Begegnung: Während einer Pause an einem Kiosk werden wir von einem Lehrer gebeten in seinen Englischunterricht zu kommen, um uns mit seinen Schülern zu unterhalten. Wir kommen der Bitte gerne nach und erleben eine tolle Unterrichtsstunde.

 

 

Der Weg nach Khorog verläuft auf den letzten 235km an dem Fluss Panj, welcher der Grenzfluss zum Nachbarstaat Afghanistan ist. Es wird abgeraten direkt am Flussufer sein Zelt aufzuschlagen, da es unregelmäßig zu Schiesserein kommt. Mit der Begründung kommen wir dem auch sehr gerne nach. Unsere Konzentration gilt zu diesem Zeitpunkt allerdings einem anderen Phänomen. Wir haben immer häufiger Platten und müssen fast stündlich einen Reifen flicken. Das ärgerliche ist, dass wir keine Ursache finden. Als unsere Riesenpackung Flicken sich dem Ende näherte intensivierten wir die Ursachenforschung. Dabei entdeckten wir, dass unsere gesamten Reifen voller kleinster Metalldrähte waren, die wie kleine Stacheln im Reifen versteckt waren. Wir vermuten, dass wir diese seit dem Iran haben, wo häufig abgebrannte Autoreifen große Haufen an genau diesen dünnen Metalldrähten hinterließen. Auf glatten Straßen stört dies nicht weiter, aber bei der aktuellen Schlaglochorgie haut es die Drähte in den Schlauch. Folge: Plattfuß.

 

 

In mitten dieser Misere überholt uns langsam ein roter Mercedes Bus mit deutschem Kennzeichen. Die Insassen beäugen uns, wir beäugen die Insassen und dann macht es Klick. Heidi und Valentin aus Darmstadt hatten wir bereits schon mal getroffen und zwar im Oman. Seitdem haben alle viel erlebt und so beschließen wir einen gemeinsamen Campingspot zu suchen. Die beiden fahren voraus und als wir eintreffen sind sie schon fast fertig mit Kochen. Klasse. Wir quatschen bis tief in die Nacht. Da wir das gleiche Ziel haben verabreden wir uns noch in Khorog, welches wir 2 Tage später erreichen. Die Stadt präsentiert sich unaufgeregt. Es gibt einen großen Markt auf dem wir uns gut eindecken. Mit Essen sowie Flickzeug. Wir haben zwar aus jedem Reifen dutzende Metalldrähte rausgezogen, aber so richtig sind wir vom Erfolg noch nicht überzeugt und so decken wir uns ordentlich ein. Wir haben uns in der Pamirlodge für zwei Tage niedergelassen und müssen jetzt den weiteren Routenverlauf planen. Von hier ab geht es richtig in die Einsamkeit. Es gibt mehrere Möglichkeiten der Routenwahl, um nach Osh zu kommen. Für welche wir uns entscheiden erfahrt ihr im nächsten Blog.

 

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