Tadschikistan 3 – Bartang Valley, Klein aber Oho

 

Nach den Strapazen der letzten Tourenkilometer heißt es in Khorog erst mal: Verwöhnprogramm für die Radler. Würden wir hier aus Deutschland ankommen und in der Stadt einkaufen müssen, wir wären entsetzt wie eingeschränkt die Angebotsvielfalt in den Shops ist. Die vielen entbehrungsreichen Kilometer der M41 haben dies vollständig geändert. Wir sind im nunmehr im Schlaraffenland gelandet. So schlemmen wir kulinarisch im indischen Restaurant und suchen nebenbei nach Fahrradflicken. Letztendlich bekommen wir Riesenflicken für PKW. Uns ists recht. Hauptsache es hält. Bleibt nur noch unsere Routenwahl. Nach dem Abwiegen der Vor- und Nachteile der 4 verschiedenen Varianten, bleiben zwei im Rennen. Da uns nichts objektiveres einfällt entscheidet ein Streichholz: Das Bartangvalley. Das heißt für uns: Viel Futter bunkern. Es wird einsam, holprig und grandios.

 

 

Das Tal ist wohl die am wenigsten bereiste Strecke durch den Pamir. Bekannt ist, dass es kaum Brücken gibt jedoch jede Menge Flussquerungen. Schon bei geringem Hochwasser wird dies zum Abenteuer. Asphalt gibt es auf den ersten 20 von insgesamt 275 km. Dörfer sind sehr spärlich gesät, die größte Distanz ohne Shop ist 144km. Nebenbei geht es über 2000hm hoch auf über 4000m, da wird die Luft schon ganz schön dünne. Lediglich Wasser gibt es im Überfluss und Einsamkeit.

 

Leicht vorzustellen dass bei Hochwasser die Straße verschwindet
Leicht vorzustellen dass bei Hochwasser die Straße verschwindet

 

Einsamkeit? Als wir das Tal erreichen treffen wir erst mal zwei weitere Reiseradler. Steve und Elaine aus Kanada. Wir starten gemeinsam, jedoch sind die beiden deutlich schneller mit ihren Mountainbikes. Bergab fliegt der Schotter nur so von der Piste. Wir durchqueren eine Hand voll Dörfer. Überall werden wir freundlich begrüßt. Verschwinden die Dörfer so verschwindet auch die Farbe Grün. Es dominiert Grau in den unglaublichen Facetten. Wir lieben das. Das Gestein präsentiert sich dermaßen verschieden, so dass sich wieder mal Mutter Natur als Meisterin der Kreativität inszeniert. Sie zieht uns als Zuschauer in ihren Bann. Ebenso in seinen Bann zieht uns der Geschichtslehrer des Dorfes Savnob. Nachdem wir hier den Dorfladen fast leergekauft haben, lädt er uns auf einen Tee und Kekse ein. Dies verblfft uns umso mehr, da wir während des Ramadans reisen und die Dorfbewohner von Sonnenauf- bis –untergang nichts zu sich nehmen. Sie meinen jedoch, wir bäuchten uns an ihre Regeln nicht zu halten und so plaudern wir über 2 Stunden angenehm auf fließendem Englisch. Sprachlos macht uns im letzten Dorf ein Jugendlicher, welcher uns wortlos hilft die Räder eine steile Rampe hochzuschieben. Dabei drückt er ordentlich aufs Gas. Oben angekommen schnappen wir wie Fische auf dem Trockenen nach der dünnen Luft. Dann sagt er irgendwann: 25 Somoni- umgerechnet 2,30 €.

 


 

Die zahlen wir gerne. Spaßeshalber überlegen wir uns, den Kollegen mitnehmen für die anstehenden Aufgaben. Aus Spaß wird Pass und der ist lediglich 500m hoch. Unter normalen Umständen ein Klacks, hier in fast 4000m Höhe auf einer Wellblechpiste aus Sand und grobem Geröll bestehend kommen wir an unsere physischen und psychischen Grenzen. Wir schaffen nur zu zweit ein Rad zu schieben. Bei Christians schwereren Rad nehmen wir sogar einige Taschen ab und tragen diese separat hoch. Wir benötigen für den finalen Pass fast den gesamten Tag. Oben angekommen weht uns ein kräftiger Wind um die Nase. Erschöpft fallen wir ins Zelt, welches wir nur mit Mühe im Wind aufgestellt bekommen.

 

 

Der nächste Tag ist Kino pur. Wir radeln auf dem Hochplateau und schauen auf die bis zu 7000m hohe Bergwelt. Die Sonne scheint und der Blaue Himmel ist ein gelungener Kontrast zu den Schneebedeckten Gipfeln. Der klassische Pamirhighway M41 liegt jetzt nicht mehr weit von uns entfernt und damit rufen die Verlockungen einer geschlossenen Asphaltdecke, welche uns direkt in das Dorf Karakul führen wird, wo uns schon eine warme Dusche erwartet. Wenn uns nicht die Umsetzung einer zum Scheitern vorverurteilten Idee in den Weg gekommen wäre… Fortsetzung folgt.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Andi K. (Freitag, 10 August 2018 14:13)

    Was für eine krasse Landschaft! Ich wünsche euch weiterhin gutes Gelingen + gutes Wetter + schöne Natur + nette Leute!