VAE und Oman 3 - Moni allein unterwegs

 

Mein Start in die nächsten 10 Tage ist von sehr gemischten Gefühlen geprägt: Ich bin gespannt und neugierig darauf, eine neue Erfahrung zu machen. Nachdem wir die letzten 9 Monate fast jede Sekunde zusammen verbracht haben, vermisse ich Christian allerdings sehr und zugegebenermaßen, ein bisschen Angst habe ich auch.

 

 

Am ersten Nachmittag radle ich spontan und dank Rückenwind 80km bis zu den Sawadi-Inseln und freue mich, dort einen belebten, sicheren Zeltplatz zu haben – früh gibt es gleich noch eine Einladung zum Frühstück von einer britisch-omanischen Familie auf großer Tour, nächster Stopp: Japan. Wow. Gesättigt und gleich noch mit Vorräten für die nächsten Tage versorgt starte ich in meinen zweiten Tag. Dieser läuft nicht ganz so ideal, es kommt Gegenwind auf, ein Jugendlicher rennt hinter mir über die Straße und findet es lustig, mir dabei an den Arsch zu grapschen… Als es schließlich Zeit zum campen wird, kommt mir kein Platz verlassen genug vor. Darüber hinaus verfolgt mich seit einigen Kilometern ein älterer Mann auf einem Motorrad. Er spricht leider nur arabisch, so dass die Verständigung schwierig ist. Als er fast eine Stunde später bei Sonnenuntergang immer noch in meiner Nähe war, musste eine Lösung her. Ich fragte mehrere Leute ob sie übersetzen könnten oder ich die Nacht in ihrem Garten verbringen darf. Ungewöhnlicherweise wurde ich 4 mal abgewiesen, erst der 5. wollte oder konnte mir helfen. Es stellte sich heraus, dass dem Motorradfahrer meine Lichter nicht hell genug waren und er mich beschützen wollte! Ich glaube, er sagte tatsächlich die Wahrheit. Gut gemeint ist häufig doch nicht so gut…

 


Am nächsten Morgen beschließe ich, zu einem weiteren Zeltplatz bei Sohar zu fahren, es ist zwar wieder relativ weit – aber das ist mir ein guter Platz für die Nacht wert. Außerdem organisiere ich mir eine Übernachtung über Warmshowers für die Nacht danach in Shinas bei Hameds Familie. Mein Visum läuft ab, daher kann ich eigentlich nur eine Nacht bleiben. Ich fühle mich aber von der ersten Sekunde an so wohl und willkommen, dass ich beschließe zu bleiben und die drohende Strafe in Kauf nehme, so habe ich nun nur noch zwei Nächte alleine vor mir. Eine hervorragende Entscheidung, denn anstatt mich gleich früh wieder aufs Rad zu schwingen, kann ich mich einen kompletten Tag erholen, bekomme einen Einblick in das Leben im Oman und die Gelegenheit meine Gastgeber etwas besser kennenzulernen. Am liebsten würde ich noch ein paar Wochen verweilen. Dennoch starte ich früh am nächsten Morgen, hauptsächlich da ich so mein Frühstück gemeinsam mit meinen Gastgebern genießen kann. Außerdem will ich möglichst viele Kilometer schaffen, ehe es zu heiß und der Gegenwind zu stark wird. Daher nehme ich Khalids Angebot, mich bis zur Grenze zu fahren, dankbar an. Die hier üblichen, überdimensional großen Pickups sind eben manchmal doch recht praktisch.

 

 

Der Grenzübertritt verläuft auf der omanischen Seite hervorragend, ich muss nichtmal die erwartete Strafe bezahlen. Ganz im Gegensatz zur Einreise in die Emirate. Zu meiner Überraschung muss ich mein gesamtes Gepäck auspacken und mit Schrecken fällt mir ein, dass ich unsere schlechtsortierte Notfallapotheke dabei habe. Im Stress vor unserer Abreise hatte ich einfach alles eingepackt, was halbwegs nützlich erschien. Unter anderem eine übriggebliebene Tablette Tramadol – welche hier verboten sind. Während 8 Soldaten über mein Schicksal diskutieren, sind die verbleibenden beiden Angestellten völlig begeistert von meiner Reise. Ich bekomme Kaffee, Tee, Wasser, Müsliriegel und Frühstück angeboten… Hätte ich nicht zwischendurch versucht, meine potentiellen Schwierigkeiten über Google herauszufinden, hätte ich die Zeit an der Grenze sehr genossen. Glücklicherweise kam ich einfach davon und durfte meine Reise nach ca 80 Minuten fortsetzen.

 


 

Unnötig zu erwähnen, dass es ich die kühle und windstille Zeit so verpasst habe. Ich tausche noch schnell die übriggebliebenen Rial, und kaufe genug Wasser und Essen für meinen Weg übers Gebirge. Es dauert nicht lange, bis meine Augen brennen, vom Schweiß und Staub. Außerdem geht es sehr langsam voran, entweder strample ich zusätzliche Serpentinen auf einer Serpentinenstraße oder ich schiebe mein Fahrrad auf dieselbe Art. Trotzdem kann ich nicht aufhören, bis über beide Ohren zu grinsen. Warum? Nun, nach nicht einmal 5 Minuten hält das erste Auto an, das Ehepaar versorgt mich mit eiskaltem Wasser, Proteinriegeln und würde mich am liebsten direkt mit nach Dubai nehmen und lädt mich für die nächsten Tage zu sich nach Hause ein. Kurz darauf hilft mir ein pakistanischer Straßenarbeiter, mein Rad die nächsten, besonders steilen Meter zu schieben. Innerhalb von 3 Stunden zähle ich 4 Angebote, mich nach oben zu fahren, 3 Einladungen nach Hause, 2 Päckchen Kekse, 1 leckeres Sandwich und 8 Flaschen kaltes Wasser – oftmals noch halb gefroren. Mein eigenes, fast kochendes Wasser nutze ich nur noch, um ein Kopftuch anzufeuchten und mich abzukühlen. Nach so vielen unglaublich positiven Erlebnissen ist mein Vertrauen in die Menschen hier enorm gestärkt, das größte Risiko scheint enorm zuzunehmen oder mit einem extrem überladenen Fahrrad weiterfahren zu müssen. Die letzen beiden Nächte genieße ich die Einsamkeit und schlafe wie ein Stein. Anschließend kommt ein befreundeter Reiseradler per Fähre aus dem Iran in Dubai an und wir radeln gemeinsam die nächsten Tage durch Dubai.

 


 

Nach diesen paar Tagen ist mein Respekt vor allen weiblichen Solo-Reiseradlerinnen nochmal immens gestiegen. Auch wenn ich den größten Teil der Zeit alleine genießen konnte, meins ist es nicht und ich bin unglaublich glücklich, dass ich normalerweise die perfekte Begleitung habe.

 

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