China 3 - Provinz Untypisch Gansu – Terrakotta-Armee, verbotene Stadt und deutscher Herbst

 

Die letzten Kilometer in Xinjiang unterstützt uns der Wind so gut er kann. Es ist auch notwendig, denn es geht nochmal knapp 1000m hoch. Unglaublich wie gut wir uns ans Hoch und Runter gewöhnt haben. Man kann rechnen, dass die Temperatur pro 100hm ca. 1 Grad Temperatur abnimmt. Desweiteren beträgt die Temperaturspanne in der Wüste wo wir gerade radeln, zwischen Tag und Nacht aktuell ca. 25 Grad. Worauf wir hinaus wollen ist folgendes: Wir starten den letzten Pass bei sommerlichen Temperaturen in kurzen Hosen. Wir kommen mit der untergehenden Sonne auf dem Pass an. Hier befindet sich der letzte Polizeicheckpoint der Provinz Xinjang. Die schockierten Blicke der Polizisten sind unbezahlbar, als uns diese bei winterlichen Temperaturen bereits in Handschuhe, Mütze und Schal gemummelt uns locker daher radelnd in kurzen Hosen zur Passkontrolle anhalten. Kaum haben die wir hinter uns gebracht verschwinden wir auch in unserer Wintermontur, allerdings erst außerhalb der Sichtweite des Checkpoints.

 

 

Wir betreten die Provinz Gansu, die zweisprachige Ausschilderung bleibt uns erhalten, allerdings wechselt das aus arabischen Buchstaben bestehende Uigurisch ins englische. Für uns eine deutliche Vereinfachung. Wir streben dem ersten Highlight der Provinz zielstrebig zu. Uns erwartet die chinesische in Mauer. Dieses mehrere 1000km lange Bauwerk erstreckt sich übers ganze Land und kann an vielen unterschiedlichen Stellen besucht werden.

 

 

Als Beginn der Mauer gilt die Sadt Jiayugan, hier erwarten uns zwei Stücke der hängenden Mauer, wie die am Berg errichteten Mauersegmente genannt werden. Wir treffen hier auf zwei unterschiedliche Konzepte von Tourismusmarketing. Zum Einen ein umzäunter, eintrittspflichtiger und von Menschenmassen überrannter Teil der Mauer. Gleich daneben ein frei zugänglicher Teil, ebenso beeindruckend mit lediglich 2 Besuchern. Einer davon steuert eine Drohne über den Trubel. Als die Drohne landet, stehen wir schon mit einer Festplatte und Dackelblick beim Piloten. 10min später sind die Aufnahmen kopiert und wir bedanken uns fleißig.

 

 

Wir krabbeln die Mauer hoch und runter, finden einen alten Militärbunker unter der Mauer und sind hin und weg von der der gesamten Anlage. Wir beschließen die Nacht an diesem großartigen Bauwerk zu verbringen. In der wolkenlosen Nacht zeigt sich uns dann noch die Milchstraße und kostet uns ein paar Stunden Schlaf, weil wir es vorziehen im Bann der unendlich vielen Sterne mit der Kamera ums Zelt zu wuseln. Alles in allem hat es dieser Besuch voll gelohnt.

 

 

So zeigen die Beine am nächsten Morgen deutliche Spuren des ungewohnten Treppentrainings als wir wieder in die Pedale treten. Wir folgen der weiter der immer trostloser werdenden Autobahn. Die Maisernte hält die Region voll im Griff. Überall werden die Kolben zum Trocknen ausgelegt, was der Landschaft eine angenehme Farbe verpasst und uns auf das nächste Ziel einstimmt. Riesige gelbe Teppiche durch die sich große Radlader ihren Weg bahnen, um den Mais zu wenden ziehen unsere Blicke auf sich. In Gedanken sind wir schon beim nächsten Ziel.

 

 

Den Regenbogenbergen. Hier hat Mutter Natur zum Farbtopf gegriffen. Der Künstlerin wurde dafür 2009 sogar der Titel „Weltkulturerbe“ von der UNESCO verliehen. Was wir vorfinden verschlägt uns mehrfach die Sprache. Der Hype um die Berge zieht täglich tausende Besucher an. Um die Berge herum sind mehrere Hotelkomplexe von der Größe einer Kleinstadt entstanden, dies korrespondiert mit unserer naiven Vorstellung einer abgeschiedenen lustig colorierten Bergwelt in der wir Abends unser Zelt aufstellen garnicht. Die Berge sind umzäunt. Man ist gezwungen eine Bustour zu buchen. Unsere Laune sinkt. Die Tickethalle hat die Größe von einem Fussballstadion. Alles ist riesig und dass ist auch notwendig, um die vielen Schaulustigen zügig mit Tickets zu versorgen. Wir stolpern wie immer zuerst planlos durch die Gegend, trauern noch unserem Fantasien einer abgeschieden Bergwelt hinterher und dann geht es doch schnell, bis wir mit Ticket im Bus sitzen. Zusammen mit einer chinesischen Backpackerin Cassidie. Die Busse fahren verschiedene Aussichtspunkte an. Jeder Weg ist markiert, verlassen unmöglich. Was auf der einen Seite nervt dient auf der anderen Seite dem Schutz der Berge. Wenn hier jeder wild rumstromern würde wäre die Schönheit der Berge schnell zerstört. Was die Chinesen an Fotoausrüstung mitschleppen ist der helle Wahnsinn. Als wir uns am Abend mit allen Gästen zusammen am Sunsetpoint treffen, um den Sonnenuntergang zu zelebrieren ist selbst unsere chinesische Begleitung vom Trubel verwundert. Man muss sich das ein bisschen vorstellen wie eine Polonaise zum Karneval, nur das jeder noch ein 2m hohes Dreibeinstativ in der einen Hand hat, in der anderen Hand eine Kippe, um den Hals baumeln mindestens 2 Kameras wovon eine ein halbes Meter langes Zoomobjektiv hat. Die Profis haben natürlich noch einen 2m langen Selfiestick. Die Stimmung erreicht ihren Höhepunkt, wenn das Familienoberhaupt mit dem Stick am Handy Gedankenverloren telefoniert. Er lauscht dem Gespräch, nickt zustimmend, dreht sich nach links, dreht sich nach rechts und alle um ihn herum gehen in Deckung, wenn der Stick mit lautem zurren den Bewegungen, wie ein Schwert folgt und die Luft teilt. Bleibt nur noch zu erwähnen, dass die Farbe der Berge besonders bei Regen hervortritt. Ein bisschen fühlen wir uns bei der Aussage mitten in der Wüste veräppelt und ziehen den Hut der Photoshopfähigkeiten der Marketingexperten.

 

 

Das Laub der wenigen Bäume welche wir unterwegs sehen färbt sich langsam aber sicher. Der Herbst hält Einzug und wir wollen die Herbstferien zusammen mit Anna in Deutschland verbringen. Die Flüge haben wir schon vor langem gebucht nun sind wir in der nächsten Stadt Zhangye auf der Suche nach einer Unterstellmöglichkeit für unsere Räder. Wir wollen den Hinweg nach Deutschland nutzen, um uns 2 Tage in der alten Haupstadt Chinas in Xi‘an umschauen, den Rückweg, um ein bischen Sightseeing in Peking zu betreiben. Wir haben 24h Zeit um in Zhangye eine 14tägige Unterkunft für unsere Bikes zu finden. Dieser Punkt ist schnell erledigt.

 

 

Per Luftpost geht es nach Xian. Die stolze Metropole wartet mit jeder Menge Beleuchtung auf. Dies schafft eine außergewöhnliche Atmosphäre aus Mystik und Kitsch. Am Tag bestaunt man die uralten monumentalen Stadttore welche vor Patina strotzen und die Geschichte authentisch wirkend ausatmen. Kaum haben verschwindet das Sonnenlicht erstrahlen die alten Anlagen in den buntesten Farben welche aus unendlich vielen Kilometern Lichtschläuchen strömt und erwartet hinter jeder Ecke, dass gleich Mickey Maus mit Mao Tse-tung im Arm zum Fotoshooting antreten.

 

 

Wir reihen uns in die Herrscharen chinesischer Touristen ein und bestaunen die Terrakotta Arme, drehen eine Runde mit dem Tandem auf der Stadtmauer und tauchen ein ins muslimische Viertel mit einer der eindrucksvollsten Fressmeile beim Nachtbasar. Alles in allem ein 3 Tagesprogramm an einem Tag. Ein bisschen sind wir stolz und können hervorragend beim Weiterflug nach München schlafen.

 


 

Kaum haben wir den Flieger verlassen empfängt uns ein zauberhafter Herbst mit buntem Laub und warmen Sonnenschein. Leider kein Bus, denn der lässt erstmal 2 Stunden auf sich warten. Die kommende Woche verbringen wir mit Anna und genießen das familiäre Beisammensein, besuchen Freunde, Kollegen und merken wieder einmal wie schnell die Zeit vergeht. Gerne hätten wir gerne davon gehabt. Für vieles hat sie nicht ausgereicht. So sitzen wir auch schon wieder im Flieger. Der Rückflug geht über Peking. Hier besuchen wir die verbotene Stadt und setzen uns in den Nachtzug. Nach 24h Zug sind wir wieder bei unseren Rädern angekommen. Dieses Land ist einfach riesig. Im Gepäck ist jede Menge Vorfreude aufs Weiterradeln. Langsam finden wir es selber komisch. Wir sitzen fast jeden Tag im Sattel über 17000km sind bereits zusammengekommen und worüber freuen wir uns dass es weiter geht?!

 

 

In der kurzen Zeit in der wir weg waren hat es sich deutlich abgekühlt. Der Winter kommt. Ein Grund mehr reinzutreten, denn wir radeln ab jetzt Richtung Süden und das heisst: Sommer wir kommen. Nur nicht so schnell wie wir gerne würden. Erstmal geht es wieder in die Pampa und die ist 4000m hoch. Uns ist schon viel weiter unten kalt und Moni zeigt eindeutige Anzeichen einer drohenden Erkältung. Vor uns sind außer hohe Berge und Kälte nichts. 30km hinter uns hatten wir ein Hotel in Erinnerung. Dahin kehren wir zurück. Moni kuriert sich zügig aus und als ihr Papiertaschentuchverbrauch auf eine Rolle täglich sinkt gilt sie als geheilt. Die Räder werden geschnappt und es geht wieder zurück, also nach vorne. Die ersten 30km kennen wir ja schon. Vielmehr lernen wir auf der Straße auch nicht mehr kennen. Die ersten beiden entgegenkommenden Trucks winken mit uns mit dramatischen Gesten zu. Einer stoppt und versucht uns klar zu machen, dass es nicht weitergeht. Uns überholen jede Menge andere Fahrzeuge und so beschließen wir erstmal weiterzufahren. Es geht kontinuierlich berghoch somit wir ein potentielles Umkehren ein leichtes Unterfangen. Was wir hinter der nächsten Kurve sehen verschlägt uns die Sprache und haut uns von den Socken. Lest den nächsten Blog Artikel!

 

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